„Toleranz fördern- Kompetenz stärken“

 

 

 

Stadtrundgang zum jüdischen Leben in Bad Dürkheim

 

am 3.11.2011

 

 

von Nina Eberle

  

Erster Punkt des Rundgangs bildet das Heimatmuseum in Bad Dürkheim, in dem sich Teile der Sammlung Jonathan Gernsheims befinden. Jonathan Gernsheim war im 19. Jahrhundert Lederhändler und legte praktisch als „Indiana Jones von Bad Dürkheim“ mit großem archäologischeTextfeld: Bild 1(Vitrine im Heimatmuseum mit Exponatenzur Geschichte der Juden in Bad Dürkheim)m und kulturellem Interesse den Grundstein für die Exponate des Heimatmuseums. In seiner Sammlung spiegelt sich vor allem die lange Tradition jüdischen Lebens in Bad Dürkheim wieder. 1871 war Gernsheim Mitbegründer des Dürkheimer Altertumsvereins. Er war auch der erste Leiter des Museums. 

 

Juden lebten in Bad Dürkheim seit dem Mittelalter wurden aber im 14. Jahrhundert vertrieben. Ab dem 17. Jahrhundert gab es wieder Juden in der Stadt. Seit dem 18. Jahrhundert nahm ihre Zahl stetig zu: 1787 lebten 15 jüdische Familien in der Stadt, im 19. Jahrhundert waren es bereits 60. Bad Dürkheim wurde Bezirksrabinatssitz des Bezirksrabbinats Dürkheim-Frankenthal und galt als ungemein offene und liberale Gemeinde.

1925 lebten circa 220 Juden in Bad Dürkheim (Zahlen nach http://www.alemannia-judaica.de/bad_duerkheim_synagoge.htm). Deren Zahl reduzierte sich durch Abwanderung ab 1933 erheblich. Die 19 noch in Dürkheim verbliebenen Juden wurden im Oktober 1940 ins Konzentrationslager Gurs deportiert.

 

 
 

 

 Textfeld: Bild2(Privathaus von Dr. Veit Kaufmann [rosa Fassade])

 

Als nächstes besichtigten wir von außen das Privathaus von Veith Kaufmann in der Leininger Strasse, einem im 19. Jahrhundert bekannten Arzt. Kaufmann unterstützte den aufblühenden Kurbetrieb in Bad Dürkheim und gründete 1894 die pfälzischen Kinderheilanstalten. Kaufmanns eigene Ehe blieb kinderlos, doch er adoptierte zwei Kinder, von denen der ältere Sohn, Sally Kaufmann, sich vor dem Holocaust retten konnte, indem er in die USA floh.

 

 

 

Dritter Punkt der Führung war die zentrale Gedenkstätte für die ermordeten jüdischen Mitbürger am Obermarkt. Das Denkmal befindet sich gerade dort, da in der Reichsprogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 alle Kultgegenstände aus der Dürkheimer Synagoge auf dem Obermarkt verbrannt wurden.

 

 Auf der Rückseite des Mahnmals sind die Namen der Opfer verzeichnet.

Angaben zu den Opfern in der zentralen Datenbank von Yad Vashem unter yadvashem.org

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die ehemalige Dürkheimer Synagoge  in der Entengasse wurde 1748/49 errichtet. 1848 wurde sie vergrößert, sodass sie 160 Sitzplätze für Männer und 90 für Frauen umfasste sowie diverse andere, reich geschmückte Räume. In der Synagoge wurde sehr liberaler Gottesdienst gehalten, sogar die Geschlechter wurden zum Gottesdienst nicht getrennt.

  

Textfeld: Bild4(Gedenktafel am Ort der ehemaligen Synagoge)

Es folgte ein bewegender Augenzeugenbericht der damals zehnjährigen Ruth Horwitz über die Zerstörung der Synagoge am 10. November 1938. Polizisten verhafteten in dieser Nacht alle jüdischen Bewohner, hielten sie gefangen und folterten sie. Alle Männer wurden am folgenden Tag deportiert, Frauen und Kinder zurück nach Hause geschickt, wo sie nichts als die brennenden Grundmauern der Synagoge vorfanden. Ruth Horwitz überlebte den Holocaust, ihre Eltern und Schwestern hingegen wurden ermordet.

 

 

 

 

 

  

Zuletzt betrachteten wir die Gedenktafel für Benno Heller am Stadtplatz, wo sein Geburtshaus stand. Benno Heller wurde später Gynäkologe in Berlin und half als Arzt vielen jüdischen Familien medizinisch oder beim Untertauchen vor den Verfolgungen der Nazis. Anfang 1943 wurde er durch die Gestapo verhaftet, über das Konzentrationslager Auschwitz weiter nach Sachsenhausen und schließlich Ravensbrück deportiert, wo sich seine Spur verliert.